Das Pendred-Syndrom (PDS) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Innenohrschwerhörigkeit, die oft mit Struma und Fehlbildungen des Innenohrs einhergeht. Ursache sind Varianten im SLC26A4-Gen, welches für das Protein Pendrin verantwortlich ist. Dieses Protein ist wichtig für den Anionentransport in Epithelzellen von Innenohr, Schilddrüse und Niere. Trotz unbekannter genauer Prävalenz wird geschätzt, dass das Pendred-Syndrom 7,5% aller kongenitalen Schwerhörigkeiten ausmacht und SLC26A4-Genvarianten bei 1-12% aller kindlichen sensorineuralen Hörstörungen auftreten.
Beim Pendred-Syndrom (PDS) handelt es sich um eine autosomal-rezessiv vererbte Form der prälingualen, beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit, welche u.a. auch mit der Entwicklung einer eu- oder hypothyreoten Struma im späten Kindes- oder frühen Erwachsenenalter einhergeht, wobei sich für beide Symptome auch innerhalb einer Familie eine große Variabilität zeigt. Zudem können Fehlbildungen des Innenohres auftreten. 80 bis 100% der Patienten weisen erweiterte Aquaeductus vestibuli auf, ca. 20% die Mondini-Fehlbildung der Cochlea. Durch die meist schon von Geburt an vorliegende Hörstörung ist bei den Patienten oft eine Verzögerung oder ein komplettes Fehlen des Spracherwerbs zu beobachten. Die biochemische Ursache für die Entwicklung einer Struma ist ein Defekt der Überführung von Jodid in eine organische Bindung innerhalb der Schilddrüse, was zu einer Störung der Synthese des Schilddrüsenhormons (T4) führt. Daher kann im Blut der Patienten häufig ein erniedrigter Spiegel von freiem T4 nachgewiesen werden.
Pathogene Varianten im SLC26A4-Gen, das für das Protein Pendrin codiert, sind ursächlich für das Pendred-Syndrom und gleichzeitig auch für die autosomal-rezessive sensorineurale nicht syndromale Schwerhörigkeit DFNB4. Die klinische Unterscheidung ist vor allem im frühen Kindesalter fast nicht möglich.
Pendrin ist ein Anionen-Austauscher, der überwiegend in den Epithelzellen des Innenohrs, der Schilddrüse und der Niere exprimiert wird und u.a. Cl–, I–, HCO3– über die Zellmembran transportiert.
Neben dem SLC26A4-Gen können auch pathogene Varianten der Gene FOXI1 und KCNJ10 ursächlich für das Aquaeductus vestibuli-Syndrom sein (digenische Vererbung). Der Aquaeductus vestibuli umschließt als knöcherner Kanal den Ductus endolymphaticus zwischen Vestibulum und der Oberfläche der Felsenbeinpyramide. Er geht in den Saccus endolymphaticus über. Der erweiterte Aquaeductus vestibuli ist die häufigste Fehlbildung des Innenohres, die mit CT oder MRT diagnostiziert werden kann. Es handelt sich morphologisch um eine Erweiterung des Ductus und Saccus endolymphaticus. Als pathologisch wird eine Weite von mehr als 1,5 mm bis 2 mm angesehen. Typisch für dieses Krankheitsbild ist die Schallempfindungsschwerhörigkeit, die sich schubweise, oft nach Bagatelltraumen, verschlechtert. Eine intrakranielle Drucksteigerung wird als Ursache angesehen, die sich auf den Endolymphraum überträgt.
Die Prävalenz des Pendred-Syndroms ist unbekannt. Es wird jedoch geschätzt, dass es 7,5% aller Fälle kongenitaler Schwerhörigkeit ausmacht. Somit wäre die Prävalenz der Erkrankung relativ hoch. Neueren Studien zufolge machen pathogene Varianten im SLC26A4-Gen ca. 1-12% aller Fälle sensorineuraler Hörstörung bei Kindern aus. Damit wäre es die zweithäufigste Ursache dieser Erkrankung nach pathogenen Veränderungen im DFNB1-Lokus (s. auch Hörverlust, autosomal-rezessiv, nicht-syndromal GJB2– bzw. GJB6-Gen).
Erkrankung | ICD—10 | Gen | OMIM—G |
Pendred-Syndrom | H91.9 | SLC26A4 | 605646 |
letzte Aktualisierung: 12.7.2024