von Hippel-Lindau Syndrom (VHL)

Synonyme: -
Material
Untersuchungsdauer
Untersuchungsauftrag
Methode
Standort
benötigte Unterlagen
Ansprechpartner
Kurzbeschreibung

Das von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHL-Syndrom) ist eine seltene erbliche Tumorerkrankung, die autosomal-dominant vererbt wird und durch pathogene Varianten im Tumorsuppressorgen VHL verursacht wird. Das VHL-Gen codiert das VHL-Protein (pVHL), das eine wichtige Rolle bei der Regulation der Genexpression in Abhängigkeit von Sauerstoff spielt. Es gibt zwei Typen des VHL-Syndroms. VHL-Typ I ist primär durch das Auftreten von Hämangiomen in Retina, ZNS, Nierenzellkarzinomen und/oder neuroendokrinen Tumoren gekennzeichnet. Dieser Typ ist durch Nonsense-Varianten oder Deletionen größerer Genabschnitte bedingt. Bei VHL-Typ II hingegen ist das Risiko für die Entstehung von Phäochromozytomen sehr hoch. Zumeist werden bei den Patienten Missense-Varianten in VHL nachgewiesen.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Das von-Hippel-Lindau-Sydrom (VHL-Syndrom) ist eine seltene erbliche Tumorerkrankung (Prävalenz 1:50.000), welche mit der Entstehung von meist gutartigen Tumoren einhergeht und einem autosomal-dominanten Erbgang folgt. Betroffene entwickeln hauptsächlich Hämangiome oder Hämangioblastome in der Retina oder dem ZNS. Des Weiteren werden bei Patienten Nieren- und/oder Pankreaszysten, Nierenzellkarzinome, Phäochromozytome, neuroendokrine Tumoren (NETs) oder Endolymphatische Sack Tumoren (ELST) diagnostiziert.

Ursächlich für das von-Hippel-Lindau-Syndrom sind pathogene Varianten im Tumorsuppressorgen VHL. Das VHL-Gen codiert das VHL-Protein (pVHL), das Teil eines Proteinkomplexes ist, der eine wichtige Rolle bei der Regulation der Genexpression in Abhängigkeit von Sauerstoff spielt. Pathogene Keimbahnvarianten in VHL führen nicht unmittelbar zur Entartung. Erst nach Ausfall des zweiten, intakten VHL-Allels durch spontane somatische pathogene Veränderungen kann es zur unkontrollierten Teilung und Entartung der betroffenen Zellen kommen (Zwei-Treffer-Hypothese nach Knudson). Die Penetranz pathogener VHL-Varianten wird allerdings mit annähernd 100% bis zum 65. Lebensjahr angegeben.

Klinisch kann zwischen VHL-Typ I und VHL-Typ II unterschieden werden: VHL-Typ I ist charakterisiert durch das Auftreten von Hämangiomen in der Retina und/oder im ZNS, Nierenzellkarzinomen und/oder neuroendokrinen Tumoren. Das Risiko für Phäochromozytome ist allerdings sehr gering. VHL-Typ I ist mit Nonsense-Varianten oder Deletionen größerer Genabschnitte assoziiert. Im Gegensatz dazu ist bei VHL-Typ II das Risiko für die Entstehung von Phäochromozytomen sehr hoch, und häufig werden bei Betroffenen Missense-Varianten in VHL detektiert.

Homozygote oder kombiniert heterozygote pathogene Varianten können eine seltene Form der familiären Erythrozytose hervorrufen (Chuvash-Polyzythämie, OMIM 263400). Klinisch zeigen sich hier erhöhte Erythrozytenzahlen und ein erhöhter Erythropoetin-Serumspiegel bei normalem Sauerstoffgehalt im Gewebe.

Bei Nachweis einer ursächlichen Variante wird dem Anlageträger ein systematisches Vorsorgeprogramm empfohlen, bestehend aus einer allgemeinen klinischen Untersuchung, einer Augenhintergrunduntersuchung und einer Katecholamin-Bestimmung, sowie MRT-Aufnahmen von Kopf, Wirbelsäule und Abdomen in jährlichen Abständen. Es besteht ein 50%-iges Risiko, die Variante an Nachkommen zu vererben. Kinder von Anlageträgern sollten vor dem 5. Lebensjahr gezielt auf die familiäre ursächliche Variante getestet werden, und bei Nachweis der Variante ab dem 5. Lebensjahr am Vorsorgeprogramm teilnehmen.

Hinweis zur prädiktiven Diagnostik:
Bei der prädiktiven Diagnostik werden gesunde Risikopersonen untersucht, in der Regel erstgradige Verwandte von Betroffenen. Laut Gendiagnostikgesetz (GenDG) soll bei jeder diagnostischen genetischen Untersuchung eine genetische Beratung angeboten werden. Bei prädiktiver genetischer Diagnostik muss laut GenDG vor der Untersuchung und nach Vorliegen des Resultats genetisch beraten werden (§10, Abs. 2 GenDG).

von Hippel-Lindau Syndrom (VHL)
1 Gen
VHL


zum Auftrag
Erkrankung
ICD—10
Gen
OMIM—G
von Hippel-Lindau-SyndromQ85.8VHL608537
Literatur

letzte Aktualisierung: 12.7.2024

Verwandte Diagnostik

AIP-assoziiertes hereditäres isoliertes Hypophysenadenom

Hypophysenadenome sind gutartige Tumoren, die etwa 10-15% aller intrakranieller Neubildungen ausmachen. Sie werden nach ihrer Größe und Horm...

Mehr erfahren
Hyperparathyreoidismus, neonatal (NSHPT)

Der neonatale schwere primäre Hyperparathyreoidismus (NSHPT) führt zu einer Untermineralisierung der Knochen und Ateminsuffizienz und tritt ...

Mehr erfahren
Hypokalziurische Hyperkalzämie (FHH)

Die familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie (FHH) ist eine autosomal-dominant vererbte Störung, die durch erhöhte Kalziumspiegel im Blut un...

Mehr erfahren
Hypoparathyreoidismus

Hypoparathyreoidismus ist gekennzeichnet durch vermindertes Kalzium und erhöhtes Phosphat im Serum aufgrund reduzierter Parathormon-Sekretio...

Mehr erfahren
Multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN1)

Das Multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN1)-Syndrom ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch Neoplasien verschiedener en...

Mehr erfahren
Multiple endokrine Neoplasie Typ 2A und B (MEN2)

Das Multiple endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN2)-Syndrom, das in die Unterformen MEN2A, MEN2B und das familiäre medulläre Schilddrüsenkarzinom ...

Mehr erfahren
Multiple endokrine Neoplasie Typ 4 (MEN4)

Das Multiple endokrine Neoplasie Typ 4 (MEN4)-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung, die klinisch dem MEN1-Syndrom ähnelt. Die meisten Pa...

Mehr erfahren
Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrom

Paragangliome (PGL) und Phäochromozytome (PCC) sind seltene neuroendokrine Tumoren, die in etwa 30% der Fälle hereditär bedingt sind und man...

Mehr erfahren
Pseudohypoparathyreoidismus

Pseudohypoparathyreoidismus ist eine Erkrankung, bei der trotz normaler Parathormonproduktion eine verminderte Sensitivität der Organe gegen...

Mehr erfahren

Lochhamer Str. 29
82152 Martinsried

Kontakt

Service
Genetische Beratung
Unternehmen
Alle Rechte vorbehalten © Medicover Diagnostics
|