Autosomal-rezessive primäre Mikrozephalien (MCPH) sind seltene Störungen, bei denen der Kopfumfang bei Geburt signifikant unter dem Medianwert liegt. Sie betreffen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit bekannten genetischen Ursachen und führen zu einer Verringerung des Gehirnvolumens, beeinträchtigter kognitiver Entwicklung und spezifischen Dysmorphiezeichen. Die durch MCPH-Gene codierten Proteine sind centrosomale Proteine, die die Zellproliferation beeinflussen; molekulargenetische Diagnostik kann helfen, die verschiedenen Formen von MCPH zu unterscheiden.
Autosomal rezessive primäre Mikrozephalien sind sehr seltene Störungen. In der mitteleuropäischen Bevölkerung liegt die Häufigkeit bei ca. 1:1 Mio, in Pakistan bei etwa 1:10.000. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass der Kopfumfang bei Geburt bzw. bereits im letzten Schwangerschaftsdrittel mindestens zwei Standardabweichungen unterhalb des Medianwertes liegt. Im Alter von einem halben Jahr kann die Abweichung -3 Standardabweichungen und mehr betragen.
Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren Gene teilweise bekannt sind.
Die diagnostischen Kriterien sind:
Die Proteine, die durch die Mikrozephalie-Gene codiert werden, sind centrosomale Proteine, deren Veränderungen ein Ungleichgewicht zwischen der Zellproliferation der neuronalen Progenitorzellen und dem Zelluntergang bewirken und somit letztlich zu einer verminderten Neuronenzahl und einem kleineren Gehirnvolumen führen. Es besteht eine Allelie der MCPH6 zum Seckel-Syndrom Typ 4 und der MCPH9 zum Seckel-Syndrom Typ 5, da Loss-of-function-Varianten in CENPJ bzw. in CEP152 diese Formen des Seckel-Syndroms verursachen. Klinische Überlappungen gibt es mit dem Mikrozephalen Osteodysplastischen Primordialen Kleinwuchs (MOPD2), der sich vom Seckel-Syndrom durch einen ausgeprägteren Minderwuchs, eine weniger ausgeprägte Entwicklungsverzögerung und radiologische Auffälligkeiten unterscheidet. Verursacht wird der MOPD2 durch Loss-of-function-Varianten im Pericentrin-Gen. Auch das Pericentrin ist ein centrosomales Protein, das eine wesentliche Rolle in der Organisation der mitotischen Spindeln und damit in der Zellteilung hat.
Da die einzelnen Formen der primären autosomal-rezessiven Mikrozephalien sich klinisch wenig unterscheiden, kann die molekulargenetische Diagnostik auf eine ursächliche pathogene Variante mittels NGS (Gen-Panel Diagnostik) eine Zuordnung ermöglichen.
letzte Aktualisierung: 12.7.2024