Nicht-invasive fetale RhD-Bestimmung

Synonyme: Rhesus-Faktor Bestimmung
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Kurzbeschreibung

Die nicht-invasive Bestimmung des fetalen Rhesus-Faktors (RhD) dient der Untersuchung von RhD-negativen  Schwangeren auf den RhD des ungeborenen Kindes. Ist der Fetus RhD-negativ, ist eine Anti-D-Prophylaxe bei der  Schwangeren  nicht notwendig.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Mit der nicht-invasiven Bestimmung des fetalen Rhesus-Faktors (RhD) können RhD-negative Schwangere ihr Blut auf den RhD des ungeborenen Kindes untersuchen lassen. Mit der Änderung der Mutterschaftsrichtlinien vom 20. August 2020 soll jeder RhD-negativen Schwangeren mit einer Einlingsschwangerschaft die Bestimmung des fetalen Rhesusfaktors aus mütterlichem Blut angeboten werden. Eine Anti-D-Prophylaxe bei der RhD-negativen Schwangeren ist nicht notwendig, wenn der Fetus als RhD-negativ bestimmt wurde.

Etwa 17% der Schwangeren in Deutschland sind RhD-negativ. Für diese Frauen besteht in der Schwangerschaft die Gefahr einer RhD-Sensibilisierung beim Kontakt des mütterlichen Immunsystems mit RhD-positiven Erythrozyten. In jeder Schwangerschaft kommt es zum Übertritt der fetalen Erythrozyten in den mütterlichen Blutkreislauf, mit der Steigerung der Menge an Erythrozyten im Verlauf der Schwangerschaft und somit auch die Zunahme der Gefahr einer RhD-Sensibilisierung ab dem 3. Trimenon. Ist der Vater RhD-negativ, besteht die Gefahr einer RhD-Sensibilisierung nicht. Heterozygote Merkmalsträger vererben das RhD-Merkmal mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit. Daraus resultiert, daß insgesamt ca. 35-40% der RhD-negativen Schwangeren in Deutschland ein RhD-negatives Kind auf die Welt bringen und somit ohne fetale RhD-Bestimmung unnötig eine Rhesusprophylaxe bekommen würden. Zwar gibt es keine Studien, die eine Anti-D-Prophylaxe mit erhöhter Morbidität oder Mortalität von Mutter oder Kind in Verbindung bringen, jedoch handelt sich beim Anti-D-Immunglobulin ein humanes Blutprodukt, womit eine Infektionsübertragung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Zudem werden für die Gewinnung des Anti-D-Immunglobulins gezielt die Spender mit RhD-Merkmal sensibilisiert, womit ein weiteres Argument für einen sparsamen Umgang mit diesem Arzneimittel vorliegt.

Geburten in Deutschland (2020)773.166
RhD-negativen Schwangeren, ca. 17%131.000
    -> davon mit RhD-negativen Feten, ca. 35-40%46.–52.000

Die Bestimmung des fetalen RhD kann frühestens ab der 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden und ist nicht für Mehrlingsschwangerschaften geeignet. Für die Untersuchung wird ein grosses Röhrchen EDTA-Blut (9-10 ml) benötigt. Das mütterliche Blut enthält während der Schwangerschaft das Erbmaterial des Feten in Form von zellfreier DNA aus der Plazenta, die sich zur Bestimmung des fetalen Rhesusfaktors eignet. Es werden 3 Zielregionen (3 Exons) des RHD-Gens mittels real-time PCR Analyse untersucht. Der Test (ein CE-IVD Produkt) zeigt eine sehr hohe diagnostische Sensitivität (>99%) und Spezifität (>98%). Die Voraussetzung für eine zuverlässige Analyse des fetalen RhD-Merkmales ist eine ausreichende Menge an fetaler zellfreier DNA (cffDNA – cell free fetal DNA). Da die cffDNA Konzentration im Verlauf der Schwangerschaft zunimmt, zeigen die Studien, die vor der 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt wurden, eine geringere Sensitivität der fetalen RhD-Bestimmung. Deshalb soll der Test erst ab der 12. Schwangerschaftswoche angewendet werden, wir empfehlen jedoch eine Bestimmung des fetalen RhD-Merkmals erst ab der 19. Schwangerschaftswoche, um die Möglichkeit eines falsch-negativen Ergebnisses weiter zu reduzieren. Auch der Zerfall der cffDNA kann zu einem falsch-negativen Befund führen, weshalb der Präanalytik hohe Bedeutung zukommt. Die Analyse ist nur aus EDTA-Blut möglich und ein Probentransport in das Labor innerhalb von 48 Stunden bei +2°C bis +25°C muss gewährleistet sein. Hämolytische Proben können ebenfalls häufiger zu falsch-negativen Ergebnissen führen. Eine falsch-negative RhD-Bestimmung hat zur Folge, daß keine präpartale Anti-D-Prophylaxe durchgeführt wird. Jedoch wird unmittelbar nach der Geburt der Rhesusfaktor jedes Kindes einer Rhesus-negativen Mutter unabhängig vom Testergebnis bestimmt, um bei einem seltenen falsch-negativen Ergebnis eine Rhesusprophylaxe nach der Geburt durchzuführen.

Seltene genetische Rhesusvarianten können zu falsch-positiven oder unklaren Ergebnissen und damit zur unnötigen Rhesusprophylaxe führen. In Europa und Asien ist die mit Abstand häufigste Ursache für den RhD-negativen Phänotyp eine Deletion des kompletten RHD-Gens. In der afrikanischen Population führen jedoch andere Änderungen in der RHD-Gensequenz zur fehlenden Expression des RhD-Merkmals. So ist entweder eine 37 Basenpaar-Duplikation (RHDY) bzw. ein RHD-CE Hybrid-Allel (Ccdes-1) der Grund für die negative RhD-Serologie. Beide Allele zusammen sind dort bei ca. 80% der RhD-negativen Personen ursächlich für die fehlende RhD-Expression. Somit ist die Rate der falsch-positiven und nicht eindeutigen Ergebnisse stark abhängig von der Herkunft der untersuchten Personen. Da eine möglicherweise unnötige Rhesusprophylaxe weniger problematisch ist als eine unterlassene Gabe des Anti-D-Immunglobulins, werden alle nicht eindeutig negativen Ergebnisse als unklar befundet. Da auch Proben mit geringen fetalen Fraktion oder aufgrund der Präanalytik nicht eindeutige Ergebnisse liefern können, ist damit zu rechnen, dass ca. 1-2% der Befunde keine eindeutige Aussage zum fetalen RhD-Merkmal erlauben.

Insgesamt zeigen die bisher veröffentlichten Studiendaten, die im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ausgewertet worden sind, dass eine gezielte Rhesusprophylaxe genauso sicher ist wie die bisher praktizierte ungezielte Rhesusprophylaxe.

Für die fetale RhD-Bestimmung gelten die Vorgaben des Gendiagnostikgesetzes (GenDG). Die verantwortliche ärztliche Person, die die Schwangere vor und nach Durchführung der fetalen RhD-Bestimmung genetisch berät, muss über eine Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung gemäß GenDG und den Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission verfügen. Eine Aufklärung und schriftliche Einwilligung der Schwangeren zur Durchführung der Untersuchung ist erforderlich. Der Befund wird nur an die verantwortliche ärztliche Person verschickt.

Literatur

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