Die fachübergreifende Diagnostik in der Kardiologie verbindet die klassische Labordiagnostik mit genetischen Analysen, um ein umfassendes Bild der kardiologischen Erkrankung des Patienten zu erhalten. Myokardiale Biomarker werden zu Überwachung der Herzfunktion und der Integrität des Herzmuskels verwendet. Lipidwerte geben Hinweise auf eine unterliegenden Fettstoffwechselstörung. Gerinnungsmarker dienen der Überwachung einer antithrombotischen Therapie bei Patienten mit Antikoagulantien-Therapie. Genetische Tests können den ursächliche Auslöser der Herzerkrankung identifizieren, so dass eine genaue Differentialdiagnose gestellt werden kann. Mit dieser Information können individuelle Therapie- und Medikationspläne erstellt werden. Unerwünschte Nebenwirkungen der eingesetzten Wirkstoffe können durch pharmakogenetische Analysen reduziert werden. Diese integrierte Herangehensweise ermöglicht eine personalisierte Betreung der Patienten.
Arrhythmogene Herzerkrankungen umfassen primäre Arrhythmiesyndrome, die durch Ionenkanalerkrankungen des Herzmuskels charakterisiert sind, sowie Kardiomyopathien mit Arrhythmierisiko. Zu den häufigsten Ionenkanalerkrankungen gehören das Long-QT-Syndrom, das Brugada-Syndrom und die catecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie, während bei den Kardiomyopathien die hypertrophe, dilatative und arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie hervorzuheben sind. Die meisten dieser Erkrankungen werden autosomal-dominant vererbt. Eine genetische Diagnostik bekannter Gene mittels NGS kann zur Diagnosesicherung, Prognose oder Therapie beitragen.
Kongenitale Herzfehler treten bei etwa 8 von 1.000 Lebendgeburten auf und sind eine Hauptursache für Kindermorbidität und -mortalität weltweit. Obwohl die Ursachen multifaktoriell sind, wird angenommen, dass viele dieser Herzfehler genetisch bedingt sind. Mehr als 80 Gene, die für verschiedene Faktoren und Signaltransduktionswege codieren, wurden mit angeborenen Herzfehlern in Verbindung gebracht. Mithilfe neuer Sequenziertechnologien können genetische Ursachen für verschiedene Herzfehler, sowohl isolierte als auch syndromale Formen, identifiziert werden.
Primäre Aortenerkrankungen und Bindegewebserkrankungen mit Aortenbeteiligung beruhen auf genetischen Störungen, die die extrazellularen Matrix-Proteine, den TGF-beta-Signaltransduktionsweg oder die Strukturproteine der glatten Gefäßmuskulatur betreffen. Diese Störungen können die Gefäßadventitia schwächen oder zu Funktionsverlusten des kontraktilen Apparats führen, was das Risiko für Aneurysmen und deren Rupturen erhöht. Die Forschung hat verschiedene genetisch bedingte Erkrankungen wie das Marfan-Syndrom, Loeys-Dietz-Syndrom und verschiedene Ehlers-Danlos-Syndrome identifiziert, die alle durch genetische und phänotypische Heterogenität sowie Pleiotropie charakterisiert sind.
Fettstoffwechselstörungen gehören zu den Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die die häufigste Todesursache in Deutschland darstellen. Bei dieser Art von Störungen liegt eine Erhöhung beziehungsweise eine Verschiebung der Zusammensetzung der Lipide im Blut vor. Dies kann zu Arteriosklerose und in der Folge zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Eine Fettstoffwechselstörung kann sowohl genetisch bedingt (primäre Fettstoffwechselstörung), als auch Folge anderer Grunderkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus, Hypothyreose, Nierenerkrankungen oder anderer Stoffwechselerkrankungen sein (sekundäre Fettstoffwechselstörung). Die primären Fettstoffwechselstörungen werden unterteilt in primäre Hypercholesterinämien, primäre Hypertriglyzeridämien, gemischte Hyperlipoproteinämien, Hypobetalipoproteinämien und Hypoalphalipoproteinämien. Die genetische Diagnostik dient der Diagnosesicherung und ist im Rahmen einer Familienuntersuchung relevant.
Die Therapie von Herz-Kreislauferkrankungen umfasst häufig eine Multimedikation. Die genetische Disposition im Abbau der eingesetzten Wirkstoffe kann eine Medikations- und Dosisfindung erschweren. Für Medikamente wie Clopidogrel, Statine und ß-Blocker sind genetische Assoziationen bekannt. Für Mavacamten ist eine Genotypisierung vor Therapiebeginn vom Hersteller vorgeschrieben. Die Kenntnis des Metabolisisierertyps für die am Abbau der jeweiligen Wirkstoffe verantwortlichen Enzyme kann die Therapieplanung optimieren.